#38, by Marian77Wednesday, 23. April 2014, 22:30 11 years ago
Hallo allerseits,
heute möchte ich ein paar Zeilen zum Thema Beleuchtung schreiben. Wie immer muss ich nochmal darauf hinweisen, dass ich alles andere als ein Experte auf dem Gebiet der Grafik bin und hier nur meine persönliche Meinung und meine Erfahrungen dokumentiere.
Wenn man ein normales 3D-Bild macht, stellt man sich ja primär die Frage: "Wie muss ich das beleuchten, damit es realistisch aussieht?" Dieser Aspekt tritt beim Cartoon Style in den Hintergrund, jedenfalls teilweise. Ich stelle mir die Frage: "Wie muss ich das beleuchten, damit es gut/lecker aussieht?" Man könnte das Ganze auch "Malen mit Licht" nennen.
Ein kleines anschauliches Beispiel soll das mal verdeutlichen: Wir stellen uns einen Raum bei Nacht vor, im Raum ist im Hintergrund ein Tisch mit einer Kerze, durch das Fenster auf der Seite leuchtet der Mond hinein, im Vordergrund ein paar Gegenstände, sagen wir gestapelte Teller. Ganz einfach. Wenn man die Szene jetzt nachbaut, der Kerze eine gelbliche Lichtquelle verpasst, dem Mond eine bläuliche, globale Beleuchtung korrekt einstellt und rendert, bekommt man ein ziemlich realistische Bild, wie das wohl auch in echt aussehen würde. Um die Kerze herum ist so eine Art gelb erleuchteter Hof, der Mond hinterlässt auf dem Boden einen relativ hellen, bläulichen Fleck, das Gros des Zimmer ist in einem sehr dunklen und wässrigen Graublau beleuchtet, der Radiosity Effekt vom Boden. Nett, aber irgendwie fad. Also was dagegen tun? Wir helfen mit ein paar zusätzlichen Lichtquellen nach. Aber zuerst schieben wie die Farbe der Kerze weiter ins Gelbe, die Farbe für den Mond etwas weiter ins Blaue, erhöhen also die Farbsättigung. Zur Sättigung habe ich vorher schon mal was geschrieben. Mut zu satten Farben. Aber weiter. Etwa da, wo das Licht des Mondes den Boden trifft, nur etwas höher, würde ich jetzt eine weitere Lichtquelle mit begrenztem Radius setzen, und zwar auch in blau. Damit helfen wir der Radiosity ein bisschen auf sie Sprünge. Jetzt wird die gesamte Bildhälfte, in der sich das Fenster befindet, in blaues Licht getaucht. In der Realität passiert das natürlich nicht, aber es sieht in diesem Fall reizvoll aus. Hier sollte die Lichtquelle sehr unscharfe Schatten werfen, damit das Licht auch wirklich diffus aussieht und die Aufmerksamkeit nicht zu sehr auf den wahren Ursprung des Lichtes zieht. Das soll für's erste mal für den Mond reichen. Als nächstes die Kerze. die Macht bislang um sich herum einen gelben Lichthof, der sollte auch erhalten bleiben. Ich würde hier eine zweite, ebenfalls gelbe Lichtquelle in etwa in der Zimmermitte plazieren, auch mit begrenzter Reichweite, so dass sie etwas über die Raumecken hinaus reicht, aber nicht zu weit. Das bewirkt, dass das Zimmer eine gelbe Grundstimmung bekommt, durch die kugelförmige Abnahme der Lichtintensität im eckigen Raum werden die Flächen etwas heller beleuchtet als die Ecken, was dem Ganzen etwas Plastizität verleiht. Die Lichtquelle muss natürlich etwas dunkler sein, als die Kerze selber, damit der Hof der Kerze erhalten bleibt. Jetzt haben wir also einen tendenziell matt gelblich beleuchteten Raum, der auf der Fensterseite ins blau abdriftet. Nun noch der Vordergrund. Da die Teller von vorne betrachtet, aber von hinten beleuchtet werden, sehen die primär dunkel aus. Hier würde ich mit zwei weiteren Lichquellen arbeiten. Genau über den Tellern würde ich eine eher schwache Lichtquelle setzen, die ziemlich ins Orange geht. Damit werden die Konturen der Teller klarer, das Orange verdeutlicht, dass es das abgeschwächte Licht der Kerze ist. Nicht zu grell, damit der Vordergrund nur als Rahmen für das Bild wirkt und nicht vom Raum selber ablenkt. Als kleines i-Tüpfelchen würde ich die Teller nun noch mit einer recht dunkelblauen Lichtquelle vom Betrachter aus und tendenziell von der Seite des Fensters her beleuchten. Das gibt dem Vordergrund mehr Tiefe, und der Beleuchtung vom Mond etwas mehr Plastizität.
Jetzt haben wir also mutwillige Lichtkleckse gesetzt, die in der Natur so nie vorkommen würden, haben also die Effekte des gestreuten Lichtes durch Übertreibung verstärkt. Durch die jetzige Lichtverteilung wirkt es nicht mehr wie fotografiert, sondern erinnert mehr an ein Gemälde.
Sollte ich Zeit finden, mache ich dazu mal eine Beispielszene, falls das gewünscht ist.
Hoffe, ein bisschen geholfen zu haben,
Marian